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Der Anblick eines Rehs in freier Wild­bahn beein­druckt den Stadt­be­wohner viel mehr, als die Präsenz einer Kuh auf der Mager­wiese. Der Anblick eines Rehschnitzels auf dem Teller scheint die gle­iche Ehrfurcht auszulösen.

Denn kaum ein Essen wird aufwendi­ger gar­niert als ein Wildgericht. Die ganze üppige Far­ben­pracht des Herb­stes liegt kun­stvoll auf dem Teller. Im Wirtshaus Gal­liker ist der Reh­pf­ef­fer raben­schwarz, wie aus der Tinte gehoben. Daneben leuchten gelb die Spät­zli (12 Eier auf 1 kg Mehl!) und das Rotkraut glänzt dunkelvi­o­lett neben dem grünen Rosenkohl. Im Gal­liker wird der Mon­drian unter den Wildtellern serviert. Benno Jud versenkt das Kräuter­säck­lein in der Beize, wühlt mit beiden Händen nochmals gründlich in der Mari­nade und ver­schliesst den Steingut­topf. Darin bleibt das Fleisch jetzt eine ganze Woche.“ So lange braucht die Mazzer­a­tion, bis die Rehschul­ter mürbe gewor­den ist. Früher verzichtete man auf solche Kinker­l­itzchen und hängte das Reh ein­fach in den Keller bis es stank wie ein Iltis. Auch so wurde das Fleisch zart und sein Parfüm hiess Haut­gout“. Heutzu­tage ver­hin­dert nicht nur der Lebens­mit­telin­spek­tor solche Meth­o­den, auch die Gäste sind ver­we­ich­licht. Darum wird auch kaum noch irgendwo ein richtiger Pfef­fer serviert, son­dern ein schales Ragout in harm­loser Pfütze. Aber Benno Jud ist kein Freund halb­herziger Kom­pro­misse. Wer kein Blut in der Sauce will, soll Rehschnitzel essen!“ sagt er und schüt­tet einen Becher Blut in den Topf. Vorher hat er die Mari­nade mit karamel­lisiertem Zucker eingekocht und eine satte dunkel­braune Mehlschweize unterg­erührt. Als Fit­nessteller darf man dieses Gericht nicht verkaufen. Aber auch ohne Kalo­rien­angaben wird Reh­pf­ef­fer immer sel­tener bestellt. Denn noch nie war Wild­fleisch so teuer wie dieses Jahr. Schuld daran seien aber nicht die gesunken Bestände des Rotwilds in Europa, wie es in der Zeitung stand. Die Wahrheit sei viel schreck­licher. Nur die Jäger kennen den wahren Grund des Rehver­schwindens: Die Gefahr kommt wieder aus dem Osten. Die Russen hätten Lust auf Reh­pf­ef­fer bekom­men. Nach­dem sie sich die Urner Hotel­lerie und das Chateau Gütsch unter die Nägel geris­sen haben, droht ein weit­erer Ausverkauf der Heimat: Unsere Bambis werden nach Sibirien deportiert. Am 16. Juni sagte Bun­desrat Blocher in seiner Rede anlässlich des Jubiläums 125 Jahre Jagd Schweiz und Diana Suisse“: Die Jäger haben sich schon zu einer Zeit um die Erhal­tung und die Ver­mehrung des Wildes geküm­mert, als die Grünen noch gar nicht wussten, dass sie grün sind. Und wo immer die Jagd eingeschränkt oder gar abgeschafft wird, muss der Staat Angestellte finanzieren, die dann die Arbeit der Jäger ausüben. Das kann doch nicht die Lösung sein.“ Nein. Wirk­lich nicht! Zum Glück küm­mern sich jetzt die Russen um unser Wild.

Text: Armin Meien­berg