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Durch eine kleine Kette von Zufällen bee­in­flusst, habe ich vor kurzem erst­mals statt wie gewohnt ein Hotelz­im­mer in Berlin eine Ferien­woh­nung für einige Tage gemietet.

Ich kann das allen Berlin-besuch­ern, welche auch ohne täglichen Wech­sel von Bet­twäsche und Badez­im­mertüch­ern, nur nahele­gen, das auch einmal zu ver­suchen; die Wahrschein­lichkeit, danach wieder ein Hotelz­im­mer beziehen zu wollen, könnte dabei sehr klein her­aus­fallen.

Das Leben scheint am May­bachufer in Berlin Kreuzberg im Ver­gle­ich zu Zürich einiges entspan­nter oder wenig­stens merk­lich entschle­u­nigt: mit zürcherischem Schnellschritt unter­wegs, wird man mit einer Mis­chung aus leichtem Erstaunen und Amüse­ment angeschaut, und ändert sein eigens tempo bald; im Ver­gle­ich zur Rosen­garten­strasse han­delt es sich auch gefühlt um eine aut­ofreie Zone. Wenn dann bere­its das zweite Mal der Besuch mit Wet­ter­lage ger­adezu ide­al­typ­isch zusam­men­fällt, konkret also: die Sonne quasi beim Ausstieg aus dem Flugzeug zu scheinen beginnt, begün­stigt das zusät­zlich einen etwas pos­i­tiv getrübten Blick.

Den­noch: das Leben hier ist, als Tourist und als soge­nan­nter Netz-Nomade, wirk­lich aus­ge­sprochen angenehm.

Wie Alber­tine, die char­mante Stu­dentin aus Paris, welche dem­nächst zum Zweck des Stu­di­en­ab­schlusses eben­dor­thin zurück­ge­hen wird, leicht betrübt meinte: die Leute in Berlin sind für europäis­che Ver­hält­nisse auf­fäl­lig easy­go­ing und offen, was sich auf die Stim­mung der Stadt als Ganzes merk­lich pos­i­tiv nieder­schlägt. Hochnäsigkeit, Kultur- und anderen Sno­bis­mus wie in Paris habe sie in ihren etwa drei Jahren hier so gut wie nie erlebt.

Der Replik Dafür ist in Frankre­ich das Essen besser!” kann ich mich nach einge­hen­dem Studium auch nicht mehr vor­be­halt­los anschliessen. Tat­säch­lich habe ich in Berlin aus­ge­sprochen fein gegessen und getrunken. Um gleich bei den wortwörtlichen Froschfressern zu bleiben: eine völlig zufäl­lige Ent­deck­ung war zum Beispiel das völlig zu Recht so genan­nte Le Cochon Bour­geois”. So waren sie Speisen echte Cochon­ner­ies — der franzö­sisch char­mante Ser­vice ver­suchte nicht ohne Glück, einen Tisch mit etwa 7 Damen und einem Herrn dazu zu überre­den, doch die Cuisses de Grenouille ver­suchen zu wollen. Nach meinen Beobach­tun­gen ist das Exper­i­ment voll­ständig geglückt, da auch diejeni­gen Damen, welche den Mut zur Bestel­lung nicht auf­brachten, vom Teller der Mutig­sten genascht haben. Ich mein­er­seits habe mit einer äusserst feinen Gänse­le­ber auf fein geschnit­te­nen Birnen und pfef­frigen Brot ebenso meinen Beitrag zur poli­tis­chen Unko­r­rek­theit geleis­tet. Auch das darauf fol­gende Lämm­lein war sicher entzück­end süss und unschuldig — und eben auch zart, und sehr fein.

Eben­falls vorzüglich, offen­bar beliebt und atmo­sphärisch sehr belebt ist das Maxwells in Berlin Mitte. Wer als Gast allen­falls vorhat, mehrmals dort zu essen, dem sei hier ein Tipp ans Herz gele­gen: es gibt im selben Hause mehrere Loft­woh­nun­gen, welche ver­mi­etet werden. Der Schrecken des spät­nächtlichen Heimweges kann damit doch erhe­blich gemildert werden.

Die Berliner Früh­stück­skul­tur ist ja schon beinahe leg­endär und wohl auch nötig als logis­che Fort­set­zung des Berliner Nachtlebens. Auf unkom­pliziertem Niveau kann man hier in den entsprechen­den Gebi­eten von Kreuzberg (und sicher auch im Pren­zlauer Berg — dazu später mehr) offen­bar kaum falsch gehen. Wirk­lich empfehlenswert ist es aber im Café am Ufer am Paul –Linke-Ufer 42: das Früh­stück Kreuzberg” mit haus­gemachten Pasten ist nicht nur fein, son­dern auch sehr hübsch präsen­tiert (Vor­sicht: man lasse sich nicht durch die aus­ge­sprochen hässliche Web­site nicht beir­ren) und mit sehr fre­undlichen Bedi­enung.

Text: Armin Meien­berg