Mein Typografielehrer bläute uns Studenten diesen klugen Satz ein: «Mit der Gestaltung ist es wie mit dem Kochen, man muss im richtigen Moment mit dem Würzen aufhören können.» Wie recht er doch hatte. Aber ausgerechnet dort wo sich Essen und Typografie am nächsten kommen, wird die Gestaltung meistens unappetilich: Im Kochbuch.
Danke Jamie Oliver! Dank deinem lärmigen Sendungsbewusstsein werden wir nun mit Kochbüchern überschwemmt. Früher schrieben nur Köche ihre Rezepte auf. Heute ist jede Köchin und jeder Koch. Und das möchten sie uns allen in grossformatigen bunten Schinken mitteilen. Dabei spielen die Rezepte die unwichtigste Rolle. Wichtig ist doch, dass man sieht, wer so genial am Herd rumwerkelt. Das Kochbuch von Johanna Maier, der angeblich besten Köchin der Welt, ist ein Familienalbum mit ab und zu einem Teller Essen zwischen fischendem Gatten und Enkelkind. Das Kochbuch dümpelt je nach Autorin oder Autor im Bücherspektrum irgendwo zwischen Erotika und Witzbuch. Furchtbar! Dabei ist ein Rezept eine ernste Form der Literatur. Keine Textform muss so exakt verfasst sein wie eine Kochanleitung. Nur die kleinste Änderung eines Wortes führt zur Katastrophe, zum Beispiel: Esslöffel statt Teelöffel Salz. Aber ausgerechnet bei der Gestaltung eines Kochbuches versagen die meisten Gestalter. Entweder schliessen sie sich dem wichtigtuerischen Gehabe der Grinspferdköche an und das sieht dann so verklemmt, bunt und verspielt nach Riz Kasimir aus wie im Kochbuch von Witzigmann. Das ist so peinlich wie Risotto im Parmesanlaib anzurühren. Oder sie bestrafen den armen Ali Güngörmüs in seinem neuen Buch mit der sinnlichen Typografie der Packungsbeilage eines Schmerzmittels. Und wenn doch einmal ein Buch gut und zurückhaltend gestaltet ist, ist sicher die Schrift zu klein versetzt und führt beim Kochen zu Bandscheibenschaden. Mein Typografielehrer hat noch mehr gescheite Sachen gesagt: «Wer nicht kochen kann, kann auch nicht gestalten!» Wie recht er doch hatte.
Das erste wirklich vorbildlich fotografierte (Andri Pol www.andripol.com und Martina Meier), geschriebene (Paul Imhof) und gestaltete (Springrolls) Kochbuch von Spitzenkoch Markus Neff aus dem Fletschhorn, Saas Fee, www.fletschhorn.ch (erscheint im November 2009)