Eins ist sicher: Wegen der Schoggi kam Ann Winkels nicht in die Schweiz. Auch der Schweizerkäse war nicht der Grund, warum sie sich in Kägiswil nieder liess.
Ihr passierte das, wovor jede junge belgische Frau gewarnt wird: Kontakt mit einem Schweizer Skilehrer. Das ist jetzt 30 Jahre her. Und hoffentlich bleibt sie noch lange bei uns. Trotz Skilehrer, Emmentaler und Schweizerschoggi.
Am 6. Dezember 1964 brachte der Samichlaus der kleinen Ann Winkels einen Kochherd. Seither kocht die Autodidaktin. Ann Winkels hatte grosses Glück: Wenn es je ein Schlaraffenland gegeben hat, dann muss das Belgien gewesen sein. Links die französische Küche, rechts die deutsche Bodenständigkeit und mittendrin Ann Winkels. Sie wuchs auf mit 300 Biersorten, unzähligen Käsen mit so schönen Namen wie Passendaele, Beauvoorde oder Wijndendale. Und Ann Winkels wurde gross mit belgischer Schokolade: Schwarz, gesetzlich verordnete 100% Kakaobutter, vergütet mit dem Qualitätszeichen „Ambao“. In Belgien wurden 1912 von Jan Neuhaus die Pralinen erfunden. In Belgien werden die Schokoleckereien in extra entwickelten und patentierten „Ballotins“ verpackt. Was für ein Land!
Und dann kam Ann Winkels 1978 in die Schweiz zu Milka und Toblerone. Dass die Schweizer und ihre Schokolade anders sind, merkte die Belgierin ziemlich rasch. „Wir Belgier können über uns selber lachen!“ Wir Schweizer können das nicht. Nicht, wenn es um den Ruf unserer Schoggi geht. Ann Winkels und die belgische Schoklade hatten keinen guten Start im Land der braven Milchschoggi. Wer wie sie aus dem Schlaraffenland kommt, wundert sich auch noch über ein paar andere eidgenössische Sonderheiten. Zum Beispiel, dass beim Fleisch alles Fett weggeschnitten wird oder dass es der Hausfrau nicht passt, wenn das Haus nach Essen riecht. Und immer wieder ist Ann Winkels erstaunt, wenn Teilnehmer ihrer Kochkurse maulen, dass ein Gericht aufwändig sei: „Viele Hobbyköche möchten gerne grosse Wirkung erzeugen ohne viel Aufwand zu betreiben.“ In der Physik nennt man das optimaler Wirkungsgrad. Die Vollblutköchin hat andere Worte dafür. Kochen braucht Zeit und Lust. Kleinlichkeit ist eine Katastrophen für den Genuss.
Oft erlebt die Köchin, dass bereits nach der Vorspeise Gäste ausschnaufen: „Uff! Das wär für mich ja schon ein ganzes Gericht gewesen…“ Ann Winkels lacht: „Selber schuld! Für die gibt’s kein Dessert.“ Keine Gnade. Wenns ums Essen geht, verstehen auch die Belgier keinen Spass.
Ann Winkels
Kochkultur
Kochkurse, Kochen für Gäste
6056 Kägiswil
041 660 49 46
Text: Armin Meienberg