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Unverzeih­lich, dass ihr euch so wegen mir schä­men musstet. Also wirk­lich! Aber ihr müsst zugeben, es war ja schliesslich eure Idee nach der Sitzung zum Ital­iener essen zu gehen. Ihr habt mich gemein­sam ins Ris­torante ver­schleppt. Ein klarer Fall von gas­tronomis­chem Hijack­ing. Also irgend­wie seid ihr da schon selber schuld, finde ich.

Ihr hättet gewarnt sein sollen. Ständig und unge­fragt erk­läre ich doch seit langem, dass das einzig Erfreuliche an einem ital­ienis­chen Lokal, das sich immer wieder­holende gleich lang­weilige Speiseange­bot ist. Quasi glob­al­isierter Ein­heits­brei. Man kann ein­fach im ersten Lokal, egal ob hier oder in Rom die Speisekarte klauen und sie als Sch­ablone in allen anderen Pizze­rias rund um den Globus anwen­den. Das erspart einem den Kampf um die Aufmerk­samkeit des über­he­blichen Kell­ners und verkürzt beträchtlich die Bestel­lzeit. Das habe ich doch immer gesagt, oder Jonas? Aber du hast schon recht: Das was ich über den Padrone mit der operetten­hafti­gen Gock­e­ligkeit gesagt habe war nicht nett. Ich sei in einer Beiz und nicht im The­ater und er solle keine Pirourette drehen, son­dern mir endlich ein Bier brin­gen. Zugegeben, auch meine Bemerkun­gen über ital­ienis­che Kell­ner waren von meinem kindis­chen Pauschal­ras­sis­mus gefärbt. Aber ich hatte schliesslich Hunger und wir warteten schon fast eine Stunde auf den Tomaten-Moz­zarel­lasalat. Richtig, Corinne, eine Cap­rese ist ja auch eine wirk­lich dif­fizile und aufwändige Vor­speise und ver­langt dem Koch alles ab. Das braucht natür­lich Zeit. Dafür musst du, Cathérine, zugeben, dass der Risotto wirk­lich eine Pampe war! Verkochter Langko­rn­reis, statt Carnaroli, so wie er heute fast über­all in den Ris­torante den Gästen zuge­mutet wird. Eine Saumode! Ja, ja, das habe ich ein biss­chen sehr laut gesagt, Pablo, das gebe ich zu. Aber der Kell­ner mochte mich ja sowieso nicht. Nicht mehr, nach­dem ich drei Flaschen Prim­i­tivo motzend zurück­geschickt habe. Aber der Wein war wirk­lich schon hinüber und roch nach geschän­de­tem Grab. Was kann ich denn dafür?

Text: Armin Meien­berg