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Ferran Adrià, der kata­lanis­che Moleku­larkoch soll jetzt nicht mehr der beste Koch der Welt sein. Was immer das auch heis­sen mag. Das neue Opfer der Gas­tro­geier heisst René Redzepi und schwingt seinen Kochlöf­fel in Kopen­hagen. Und noch loben ihn alle in den Ster­nen­him­mel. Was immer das heis­sen mag. Die kuli­nar­ische Gunst der Gourmets kann sich schnell und radikal ändern: Gestern noch die durchge­drehte Labor­ratte im El Bulli” und heute der urige Wald­watz im noma”. Der neue Starkoch René Redzepi kriecht durch die Wälder Däne­marks und klaut den Rehlein die Kräuter und Rinden. Aber, dass die Waldläufer in die Küche einge­drun­gen sind, ist keine Neuigkeit. Seit Jahren schon kocht der hochdeko­ri­erte Stefan Wies­ner im Rössli in Escholz­matt Bäume zu Saucen und Steine zu Suppe. Jetzt ist sein neues Kochbuch erschienen. 

Wer daraus ein Rezept nachkochen will, muss sich zuerst ein Beil und eine Ket­ten­säge kaufen und in den Gebirgswald krax­eln. Sonst kriegt man das Buchen­holz­par­fümiertes Eigelb” nicht anständig hin. Oder wie sollte man ohne Säge den Schweineschwanz mit tausend­jährigem Lärchenkern­holz panieren? Grosses Geheim­nis! Und wo zum Teufel finde ich Osmath­us­blüten, Storax oder Opo­ponax?

Also was nützt mir ein Kochbuch, dessen Rezepte ich nicht nachkochen kann? Und ich glaube, es liegt nicht am Hob­bykoch, wenn er am Wind­beu­tel, gefüllt mit Kuh­mark, bestreut mit Kuhorn­stein­salz und Rotk­lee­blüten” scheit­ert. Und wenn tat­säch­lich nasse Nägel nach Pilzen schmecken, wieso kann ich also nicht gleich richtige Pilze ver­wen­den? Oder ist das zu normal? 

Das Buch Wies­ner” ist gut gestal­tet und schön fotografiert. Aber es ist let­ztlich eine reine Selb­st­be­weihräucherung mit Zed­ern­holz und Birken­teer. Für uns urbane Naher­hol­ungsköche, die sich auf Asphalt bewe­gen und deren Jagdgründe nor­male Waren­häuser sind, ist diese Rezept­samm­lung unbrauch­bar. Schade! Und wo im Bücher­re­gal lasse ich das Buch nun ver­stauben? Neben Ewig singen die Wälder” oder dem Led­er­strumpf”?

Wies­ner” AT Verlag
Text: Armin Meien­berg